121 prall gefüllte Stunden
Meine selbstgesteckte Aufgabe dabei: Zuhören. Lernen. Mitfühlen. Immer neu versuchen, wenigstens ein bisschen zu verstehen. Meine vorsichtige, absolut subjektive Bilanz:
Jeder in Israel steht unter starker Spannung, ist verunsichert, aufgewühlt, direkt oder indirekt betroffen, verwundert oder verstört. Ein Schatten liegt über dem ganzen Land. Der 7. Oktober, die unfassbare Brutalität der Terroristen und ihrer Helfershelfer an diesem Tag (ich erfahre, dass nicht etwa nur Hamas-Kämpfer gemordet, vergewaltigt, geplündert, zerstört und entführt haben, sondern auch etliche „ganz normale“ Menschen, Mitläufer, denen man Jahrzehntelang eingetrichtert hat, dass alle Juden den Tod verdienen), haben eine ganze Nation traumatisiert, erklärt mir eine Psychologin. Aus guter Quelle erfahre ich, dass israelische Soldaten in den Wohnungen palästinensischer Familien in Gaza häufig Waffen finden. In der Regel im Kinderzimmer. „Unbeteiligte“ Zivilisten scheinen die Ausnahme zu sein.
Umgekehrt erleben Palästinenser in Gaza, aber auch im Westjordanland, keinen Moment der Ruhe mehr, weil die israelische Armee auf der Suche nach Terroristen mit aller Härte vorgeht. Wer das erlebt, fühlt sich seiner Freiheit, ja seiner Würde beraubt. Viele Palästinenser sehen nur eine Alternative: Auswandern.
Besonders schlecht dran sind die etwa 500 palästinensischen Christinnen und Christen, die noch in Gaza ausharren müssen. Sie finden in den wenigen Kirchen eine notdürftige Zuflucht und ernähren sich mehr schlecht als recht von Vorräten. Manchen von ihnen wurde von Muslimen die Wohnungen weggenommen. Zurückkehren werden sie nie mehr können. Aber wohin denn dann?
Während über unseren Köpfen große Hubschrauber Lasten Richtung Gaza transportieren, spüre ich in beinahe jedem Gespräch die Angst vor dem, was demnächst „im Norden“ losgehen könnte. Dort im Libanon soll die Hisbollah mehr Raketen auf Israel gerichtet haben als sämtliche NATO-Staaten zusammen besitzen, höre ich. Ich erlebe: Jede Information kann man hier aus zwei verschiedenen Blickwinkeln betrachten. Jeder oder fast jeder scheint nur seine Sicht für die Wahrheit zu halten. Jede ist direkt oder indirekt tief betroffen, verletzt und mehr oder weniger zornig. Die fast logische Folge: Alte Gräben werden noch tiefer. Neue Gräben entstehen. Misstrauen wächst. Freundschaften zerbrechen. Viele bewaffnen sich mit Worten und mit Gewehren.
Worum konkret sollten wir denn da beten? frage ich. Und bekomme oft zunächst ratloses Achselzucken als Antwort. Wie könnte ich, könnten wir, von Deutschland aus helfen? frage ich weiter. Und sammle diese konkreten Vorschläge: